Blasenschwäche

  1. Name/Begriffserklärung
    • Inkontinenz (Belastungsinkontinenz, früher: Stressinkontinenz)
  1. Beschreibung der Symptome
    • vermehrter Harndrang mit 
    • häufigem Wasserlassen
    • nächtliches Wasserlassen (Nykturie)
    • unwillkürlicher Harnabgang (beim Husten, Lachen, Niesen, Heben)
  1. Mögliche Ursachen
    • gesteigerte Urinproduktion 
    • zu Beginn der Schwangerschaft: hormonelle Faktoren
    • ab 3. Trimenon: Druck auf Harnblase durch Größenzunahme der Gebärmutter
    • nachlassender Tonus der Beckenbodenmuskulatur
    • familiäre Vorbelastung
    • Alter 
  1. Verhaltensmaßnahmen & Hausapotheke
    • Yoga 
    • Beckenbodengymnastik
    • harntreibende Substanzen vermeiden (z.B. Kaffee, Tee)
    • ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung 
    • ausreichende Flüssigkeitszufuhr 
    • moderate körperliche Aktivität oder Sport 
    • Damm-Massagen
    • Rückbildungsgymnastik (z.B. Postnatalyoga)
  1. Wann sollte man den Arzt konsultieren?
    • hoher Leidensdruck
    • anhaltende Inkontinenz nach der Entbindung

Von einer Blasenschwäche ist fast jede zweite Schwangere betroffen. Sie gehört zu den eher unangenehmen Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft. 

Es gibt allerdings viele verschiedene Möglichkeiten eine Inkontinenz in der Schwangerschaft zu verhindern oder zumindest etwas abzuschwächen.

Mediziner sprechen in der Schwangerschaft von einer Belastungsinkontinenz, früher auch als Stressinkontinenz bezeichnet. Damit gemeint ist ein unwillkürlicher Urinverlust bei körperlicher Belastung z.B. beim Heben schwerer Dinge, beim Husten, Niesen oder Lachen, ohne, dass ein Harndrang besteht. Ursächlich dafür ist in der zweiten Schwangerschaftshälfte die abdominelle Druckerhöhung durch das heranwachsende Kind mit konsekutiver Erhöhung des Harnblasendrucks. Der Harnröhrenverschluss wird dadurch unzureichend und es kann zum ungewollten Abgang von Urintropfen kommen. 

Die Harnblase ist ein dehnbares Hohlorgan, das dafür da ist, den Urin aus den Nieren und den Harnleitern aufzufangen und zwischen zu speichern. Man kann sich die Harnblase also wie ein Sammelbecken vorstellen. Ohne Harnblase wären wir inkontinent und es würde ununterbrochen Urin ausgeschieden werden. 

Aufgrund ihrer Dehnbarkeit verändert die Harnblase mit zunehmender Füllung ihre Form und Größe und wird rund und kugelig. Wenn ein gewisser Füllungsstand erreicht ist, verspürt man Harndrang. Dieser setzt bei etwa 200 bis 500 ml ein. Dafür verantwortlich sind Dehnungsrezeptoren in der Blasenwand, die dann ein Signal zum Miktionszentrum im Gehirn senden. 

Insgesamt hat die Blase aber ein Fassungsvermögen von 500 bis 1000 oder 1500 ml, je nach Geschlecht. Männer haben i.d.R. ein größeres Fassungsvermögen als Frauen, aufgrund der anatomischen Nähe zur Gebärmutter. Ob oder wann man seinem Harndrang nachgeht, lässt sich trainieren. 

Die Harnblase verjüngt sich nach unten hin zur Harnröhre. Über diese wird der Urin entleert. 

Bei Frauen ist die Harnröhre circa 3-5 cm lang, bei Männern hingegen 20 cm. Deswegen sind Frauen auch anfälliger für Harnwegsinfekte. Harnwegsinfektionen sind am häufigsten auf aufsteigende Darmbakterien zurückzuführen. 

Die Harnblase ist umgeben von dreischichtiger Muskulatur, die man zusammen als M. detrusor vesicae, den Blasenentleerer, bezeichnet. 

Im Bereich der Harnröhrenmündung gibt es zwei weitere Muskeln, den inneren und äußeren Schließmuskel. Diese verhindern, dass der Urin ungewollt austritt. Beim Wasserlassen findet ein koordiniertes Zusammenspiel dieser Muskeln statt. Die Blasenwand kontrahiert sich, während sich die Schließmuskeln entspannen und öffnen.  Der Urin kann abfließen. 

Eine Blasenschwäche ist aber auch nicht selten eines der ersten Anzeichen einer Schwangerschaft. Dies ist auf eine gestagenbedingte Relaxierung der Harnblasenwand zurückzuführen, die dadurch viel früher signalisiert, dass sie voll ist. Hinzukommt, dass durch die gesteigerte Durchblutung, die auch die Nieren betrifft, die Urinproduktion zunimmt.  Durch Östrogene, aber auch durch Veranlagung wird der Beckenboden nachgiebiger als Vorbereitung auf die Geburt. 

Mit zunehmendem Alter wird der Beckenboden auch schwächer. 

Mit Yoga kannst du lernen Kontakt zu deinem Beckenboden aufzunehmen. Spezielle Übungen aus dem Yoga, wie beispielsweise Mula Bandha, können dir helfen deinen Beckenboden gezielt zu trainieren. Und zwar nicht erst wenn du bereits Beschwerden hast, sondern auch zur Prävention. 

Man weiß heutzutage, dass gezieltes Beckenbodentraining einer bleibenden Inkontinenz nach der Schwangerschaft vorbeugen kann und auch einer Gebärmuttersenkung im Alter. 

Wenn du dir nicht sicher bist, wo dein Beckenboden genau ist, und wie man die Muskeln richtig anspannt, kannst du beim nächsten Toilettengang versuchen deinen Urinstrahl anzuhalten, um ein Gefühl dafür zu bekommen. 

Ich empfehle dir, dass du diese Übungen nicht nur im Yogakurs übst, sondern, dass du sie mehrmals am Tag ausführst. Achte darauf, dass dein Gesäß dabei entspannt bleibt. 

Darüber hinaus ist ein Verzicht auf harntreibende Substanzen wie Kaffee oder Tee sicherlich sinnvoll. Eine ausgewogene und vor allem ballaststoffreiche Ernährung beugt Verstopfung vor. Verstopfung erhöht den Druck auf die Blase und ist ein Risikofaktor für Inkontinenz. Lein- oder Flohsamen eignen sich perfekt zur Stuhlregulierung. Auch wenn das häufige zur Toilette gehen lästig ist, solltest du weiterhin auf eine ausreichende Trinkmenge achten, da sonst das Risiko für Harnwegsinfekte erhöht ist. 

Körperliche Aktivität verhindert eine unnötige Gewichtszunahme, die die Beckenbodenmuskulatur schwächt. 

Studien haben gezeigt, dass durch Damm-Massagen das Gewebe elastischer bleibt und damit das Risiko für Geburtsverletzungen gemindert werden kann. Geburtsverletzungen sind mitunter ein Grund für Blasenschwäche oder Inkontinenz nach der Geburt. 

Verspürst du aufgrund einer Inkontinenz einen hohen Leidensdruck und fühlst dich stark in deinem Alltag eingeschränkt, solltest du dich unbedingt deinem Arzt oder deiner Ärztin anvertrauen. Beckenbodentraining kann dann verordnet werden. 

Eine vorübergehende Belastungsinkontinenz nach Entbindung ist zunächst einmal normal. Nach Abschluss des Wochenbettes solltest du dich aber unbedingt für einen Kurs zur Rückbildungsgymnastik z.B. beim Postnatalyoga anmelden – auch nach Kaiserschnitt.  In den ersten Tagen nach der Geburt kann der Harndrang zusätzlich noch einmal verstärkst sein, damit das überschüssige Wasser ausgeschieden wird. Die Beschwerden sind im Normalfall selbstlimitierend. Bei einer über 6 Monate bestehenden Inkontinenz trotz Beckenbodentraining, solltest du einen Spezialisten aufsuchen.

Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar.

Astrid Lindgren